Anspruch des Mieters auf Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs - Ausschluss

Anspruch des Mieters auf Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs – Ausschluss

Vergleich mit dem Vermieter über Auszug kann zum Ausschluss des Schadensersatzanspruchs des Mieters wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs führen

Zum Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese, Urteil vom 04. September 2013 – 531 C 351/12, ein Kommentar von Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

Ausgangslage:

Wenn der Vermieter, der eine Eigenbedarfskündigung ausspricht, den Eigenbedarf vortäuscht, kann der Mieter später Schadensersatzansprüche geltend machen. Dies kann für den Vermieter sehr teuer werden. Unter anderem kann der Mieter auch die Differenz der Miete einer vergleichbaren Wohnung zu den früheren Mietkosten vom Vermieter verlangen. Dazu kommen Umzugskosten und sonstige Schäden. Viele Mieter verbauen sich aber diesen Weg dadurch, dass sie nach Ausspruch der Räumungsklage einen Vergleich schließen und in diesem Vergleich nicht ausdrücklich den Vorbehalt aufnehmen, dass der Vergleich auf der Basis eines tatsächlich bestehenden Eigenbedarfs geschlossen wird.

Fall:

Nach Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung und Räumungsklage durch den Vermieter suchte sich der betroffene Mieter eine neue Wohnung. Der Räumungsrechtsstreit wurde durch einen Vergleich beendet. Darin heißt es dann:

„Mit Abschluss des Vergleichs verzichten die Parteien im Übrigen wechselseitig auf sämtliche Ansprüche aus dem Mietverhältnis und erteilen sich insoweit Generalquittung. Die Parteien nehmen diesen Verzicht wechselseitig an.“

Im Nachhinein hielt der Mieter den Eigenbedarf für vorgetäuscht und machte Ansprüche auf Schadensersatz gegen den Vermieter geltend. Das Amtsgericht Hamburg-Blankenese hat die Klage abgewiesen.

Urteil:

Die Frage war nun unter anderem, ob durch die Vereinbarung der oben genannten Allgemeinen Ausgleichsklausel im Räumungsvergleich spätere Schadensersatzansprüche ebenfalls ausgeschlossen waren.

Das Amtsgericht Hamburg-Blankenese sah dies so. Das Gericht: Schließt der Mieter auf eigene Initiative einen Räumungsvergleich, nachdem er eine Ersatzwohnung gefunden hat, so ist die Generalquittung im Vergleich als Verzicht auf Schadensersatzansprüche wegen möglicherweise nicht bestehenden Eigenbedarfs auszulegen. Im vorliegenden Fall scheiden gesetzliche oder vertragliche Schadensersatzansprüche damit aus, weil der Streit über die Berechtigung des bestrittenen Eigenbedarfs durch den Vergleich gerade beigelegt werden sollte (AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 04. September 2013 – 531 C 351/12 –, juris).

Kritik:

Das Amtsgericht beruft sich auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Die Frage, ob Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs entfallen, wenn die Parteien die Beendigung des Mietverhältnisses im Wege des Vergleichs vereinbaren, nachdem der Mieter das Vorliegen von Eigenbedarfsgründen ausdrücklich bestritten hat, entzieht sich einer allgemeinen Betrachtung und kann letztlich nur vom Tatrichter im Wege der Auslegung des Räumungsvergleichs und unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden (BGH, Beschluss vom 07. September 2011 – VIII ZR 343/10 –, juris).
Klar ist, der Vergleich muss ausgelegt werden. Doch scheint das Ergebnis des Amtsgerichts hier wenig nachvollziehbar. Es dürfte klar sein, dass der Mieter, der sich einer Räumungsklage gegenübersieht, möglicherweise nicht bis zum bitteren Ende (Rauswurf aus der Wohnung durch den Gerichtsvollzieher) wartet, sondern nach Ersatzwohnraum sucht. Hat er diesen gefunden, bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als den Rechtsstreit zu beenden. Andernfalls zahlt er unter Umständen für zwei Wohnungen. Hier muss der Mieter wiederum möglicherweise auf Bedingungen des Vermieters eingehen. Dazu kann auch eine Ausgleichsklausel gehören. Die Räumungsklage und auch der Abschluss des Vergleichs stehen allerdings unter der Prämisse, dass tatsächlich Eigenbedarf besteht. Wenn nun der Vermieter den Eigenbedarf vorgetäuscht hat, entfiele damit die Grundlage des Vergleichs und damit auch der Ausgleichsklausel. Vor diesem Hintergrund vermag mich das Urteil nicht zu überzeugen.

Etwas anderes kann sich daraus ergeben, dass vom Vermieter im Rahmen eines solchen Vergleichs erhebliche Geldbeträge gezahlt werden. Davon ist hier zumindest nicht die Rede.

Fazit:

Aus meiner Sicht jedenfalls hinsichtlich der oben genannten Begründung ein Fehlurteil. Allerdings lassen sich solche Niederlagen leicht dadurch vermeiden, dass man in den Text entsprechender Vergleiche ausdrücklich den Vorbehalt aufnimmt, den Vergleich auf der Basis zu schließen, dass der Vermieter tatsächlich den behaupteten Eigenbedarf hat. Erst recht sollten dann keine derart weitreichenden Ausgleichsklauseln aufgenommen werden. Möglicherweise hätte es hier zum Erfolg geführt, wenn der Mieter den Vergleich wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB angefochten hätte.

Fachanwaltstipp Mieter:

Im Rahmen eines Räumungsvergleichs sollten Sie immer folgende Passage aufnehmen lassen: „Der Vergleich wird unter der Maßgabe geschlossen, dass der Eigenbedarf des Vermieters tatsächlich gegeben ist. Ansprüche des Mieters auf Schadensersatz wegen vortäuschen Eigenbedarfs werden durch den Vergleich nicht berührt.“
Übrigens: Wenn der Vermieter den Vergleich nach entsprechenden Verhandlungen und der Bitte am Ende, diese Passage aufzunehmen, plötzlich nicht mehr schließen will, muss man nur noch eins und eins zusammen zählen.