Eigenbedarfskündigung - Abwägung der Parteieninteressen

Eigenbedarfskündigung – Abwägung der Parteieninteressen

Bei einer Eigenbedarfskündigung sind die Interessen von Vermieter und Mieter gegeneinander abzuwägen. Wie ist eine solche Abwägung vorzunehmen, wessen Interessen überwiegen?

Zum Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main, Urteil vom 23.8.2011 – 2-11 S 110/11 ein Kommentar von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und  Wohnungseigentumsrecht.

Ausgangslage:

Dem Mieter war hier wegen Eigenbedarfes vom Vermieter gekündigt worden. Grund dafür war, dass eine größere Wohnung (68 qm statt 54 qm) den Kindern des Vermieters eine bessere Entwicklung ermögliche, insbesondere da sich die betreffende Wohnung in der Nähe der Schule der Kinder sowie der Arbeitsstelle des Vermieters befand. Der Mieter hielt dem ein überwiegendes Bestandsinteresse nach § 574 Abs.  1 BGB entgegen und argumentierte mit seinem Alter von 84 Jahren und dem Umstand, dass er bereits seit 1965 im Haus und seit 1971 in der betreffende Wohnung gelebt hatte. Hinzu komme seine Schwerbehinderung vom Grad 100 und seine Pflegestufe 1.

Das Urteil:

Das Gericht entschied im Sinne des Vermieters und verurteilte den Mieter zur Räumung. Zur Begründung brachte das Gericht vor, dass die Härte, die mit der Räumung der Wohnung für den Mieter verbunden ist, mit den überwiegenden Interessen des Vermieters gerechtfertigt werden kann.

Bewertung:

Diese Begründung ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar, denn warum die Interessen des Vermieters die des Mieters wirklich überwiegen ist unklar. Im Ergebnis ist der Entscheidung allerdings zuzustimmen, denn ein tatsächliches überwiegendes Interesse des Vermieters ist nicht nötig. Vielmehr muss das Gericht bei gleichgewichtigen Interessen der Parteien im Rahmen einer so genannten Beweislastentscheidung urteilen. Dabei ist das Erlangungsinteresse des Vermieters vorzugswürdig zu behandeln. Die Verurteilung zur Räumung der Wohnung ist daher schlussendlich richtig.

Praxistipp Mieter:

Ab dem Erhalt der Eigenbedarfskündigung beginnen wichtige Fristen zu laufen. Jedenfalls dann, wenn die Darstellung eine wirksame Belehrung über die Möglichkeit des Widerspruchs enthält, muss der Mieter bis spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist gem. § 574 BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Hier müssen sämtliche Gründe, die für ein Interesse am Verbleib des Mieters der Wohnung sprechen können, umfassend vorgetragen werden. Gründe die nicht vorgetragen worden sind, werden später nicht berücksichtigt.