Berufliche Nutzung der Wohnung - Eigenbedarfskündigung kann zulässig sein

Berufliche Nutzung der Wohnung – Eigenbedarfskündigung kann zulässig sein

Eine Eigenbedarfskündigung kann sogar dann zulässig sein, wenn die Nutzung der Wohnung ausschließlich zu beruflichen Zwecken erfolgen soll.

Ein Artikel von Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen, zum BGH Versäumnisurteil vom 26. September 2012 – VIII ZR 330/11 –, juris.

Ausgangslage:

Die Voraussetzungen für die ordentliche Kündigung des Vermieters wegen Eigenbedarfs ergeben sich aus § 573 BGB. Nach dem Wortlaut geht die Vorschrift von einer Nutzungsabsicht als Wohnung aus.

§ 573 BGB

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn
1. der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2. der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
3. der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

Der Bundesgerichtshof vertritt die Ansicht, dass eine solch strikte Auslegung, also demnach das Erfordernis einer ausschließlichen Nutzung als Wohnung, den Willen des Gesetzgebers nicht ausreichend berücksichtigt. Der habe nämlich durch die Formulierung „insbesondere“ die nachfolgende Aufzählung nur beispielhaft verstanden haben wollen.
Es gab in der Vergangenheit bereits mehrere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs dahingehend, dass eine beabsichtigte teilweise gewerbliche Nutzung für die Begründung des Eigenbedarfs unschädlich ist. In der beschrieben Entscheidung hat er diese Rechtsprechung nun weiter vertieft.

Sachverhalt:

Der Vermieter wohnt mit seiner Ehefrau in einer Wohnung im Haus und kündigt einen anderen Mieter des Hauses mit der Begründung, er benötige die Wohnung, um diese seiner Ehefrau zur Ausübung derer Tätigkeit als Rechtsanwältin zu überlassen. Es ging also um eine ausschließliche Nutzung zu beruflichen Zwecken.

Urteil:

Der Bundesgerichtshof hat dem Vermieter recht gegeben und den Eigenbedarf als gegeben angesehen. Die Entscheidung des Vermieters, ob die berufliche Tätigkeit innerhalb seiner Wohnung oder in einer von seiner Wohnung getrennten, in demselben Haus gelegenen anderen Wohnung ausgeübt werden soll, ist zu respektieren, sofern der Nutzungswunsch nachvollziehbar und vernünftig begründet ist (BGH, Versäumnisurteil vom 26. September 2012 – VIII ZR 330/11 –, juris).

Andere Ansichten:

Hierzu gibt es in Rechtsprechung und Schrifttum andere Ansichten (AG Hamburg, WuM 2007, 710). Aus dem Umkehrschluss aus § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wonach der Vermieter die Räume „als Wohnung benötigen“ müsse, folge, dass der Gesetzgeber einen derartigen Bedarf des Vermieters ausschließlich zu geschäftlichen Zwecken gerade nicht anerkennen wolle. Deshalb verbietet sich die Argumentation mit dem Auffangtatbestand des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Beurteilung:

Sicherlich ist der Nutzungswunsch als Wohnung im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung deutlich stärker zu Gunsten des Vermieters zu werten, als der Wunsch nach einer gewerblichen Nutzung. Auch der Wortlaut der Vorschrift spricht gegen eine allzu weite Auslegung. Der Gesetzgeber hätte sich nämlich sonst die Formulierung „als Wohnung“ sparen können. Da der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit bereits andere Urteile in dieser Richtung gesprochen hat, ist allerdings nicht davon auszugehen, dass sich in nächster Zeit an dieser Linie etwas ändern wird.

Quelle: BGH, Versäumnisurteil vom 26. September 2012 – VIII ZR 330/11 –, juris