
Eigenbedarfskündigung – Anforderungen an Angabe von Gründen
Der Vermieter muss Umstände, die dem Mieter bereits in einem gesonderten Schreiben mitgeteilt wurden oder ihm aus sonstigen Gründen bereits bekannt sind, nicht noch einmal ausdrücklich in der Eigenbedarfskündigung aufführen.
Zum BGH Versäumnisurteil vom 06. Juli 2011 – VIII ZR 317/10 –, juris ein Artikel von Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.
Ausgangslage:
Der Vermieter hat nach § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB die Gründe für das berechtigte Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses im Kündigungsschreiben anzugeben. Hier ist es immer empfehlenswert, wenn der Vermieter alle in Betracht kommenden Gründe ausführlich darlegt und lieber zu viel als zu wenig schreibt. Allerdings dürfen die Anforderungen an die Begründung auch nicht übermäßig hoch sein. Dem Mieter waren im betroffenen Fall die Gründe für die Eigenbedarfskündigung bereits teilweise bekannt. Fraglich war nun, ob diese Gründe auch ohne Aufführung im Kündigungsschreiben später zur Begründung mit herangezogen werden können. Nach Ansicht des Landgerichtes war die Eigenbedarfskündigung dadurch unwirksam.
Urteil:
Der Bundesgerichtshof sah dies anders: Das Berufungsgericht überspannt die Anforderungen, die gemäß § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB an die Angabe der Gründe für das berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses zu stellen sind.
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Nach der Rechtsprechung des Senats kann der Vermieter grundsätzlich auf Kündigungsgründe Bezug nehmen, die in einem früheren, dem Mieter zugegangenen Schreiben dargelegt sind; eine Wiederholung in der Kündigung selbst ist nicht erforderlich (Senatsurteil vom 2. Februar 2011 – VIII ZR 74/10, NZM 2011, 275 Rn. 14). Entsprechendes gilt für den Fall, dass dem Mieter bestimmte für die Beurteilung einer Eigenbedarfskündigung bedeutsame Umstände – etwa die bisherige Wohnsituation der Eigenbedarfsperson – bereits bekannt sind. Derartige Angaben brauchen im Kündigungsschreiben nicht wiederholt zu werden; dies wäre eine sinnlose und durch berechtigte Interessen des Mieters nicht zu rechtfertigende Förmelei (BGH, Versäumnisurteil vom 06. Juli 2011 – VIII ZR 317/10 –, juris)
Beurteilung:
Der Fall ist sicher grenzwertig. Derartige Sachverhalte werden aber immer schwierig zu beurteilen bleiben. Hier muss im Einzelnen abgewogen werden zwischen dem Interesse des Mieters, die Einschätzung der Erfolgsaussichten der Eigenbedarfskündigung und der zu Grunde liegenden Gründe an Hand eines einheitlichen Dokumentes vornehmen zu können auf der einen Seite (nur so kann der Mieter wissen, auf welche konkreten Gründe sich der Vermieter nun mehr berufen will). Und auf der anderen Seite einer gewissen Tendenz der Instanzgerichte, aufwändigen Beweisaufnahmen und/oder schwierigen Rechtsfragen durch Verweis auf Formvorschriften aus dem Weg zu gehen. Auch solchen Tendenzen muss immer wieder entgegengewirkt werden.
Fachanwaltstipp Mieter:
Wer eine Eigenbedarfskündigung erhält, sollte neben der eigentlichen Begründung auch immer die formellen Voraussetzungen umfassend prüfen bzw. prüfen lassen. In der Regel ist es in nicht angezeigt, formelle Mängel dem Vermieter sofort mitzuteilen. Der Vermieter kann dann nämlich darauf reagieren und unter Umständen eine (formwirksame) Kündigung nachschieben. Geschickter wäre es in einem solchen Fall, den Vermieter zunächst im Unklaren zu belassen und eine Räumungsklage abzuwarten. Man gewinnt dadurch zumindest Zeit. Mancher Vermieter lässt sich auch durch eine verlorene Räumungsklage grundsätzlich von seinem Vorhaben abbringen. Zudem gibt es auch Fälle in denen Eigenbedarf später wieder wegfällt (zum Beispiel weil im Hause zwischenzeitlich eine andere Wohnung frei wird). Zeit ist hier also oft “die halbe Miete“.