Eigenbedarfskündigung: Weiterverfolgung durch Immobilienerwerber

Eigenbedarfskündigung: Weiterverfolgung durch Immobilienerwerber

Unter welchen Voraussetzungen kann eine vom früheren Vermieter ausgesprochene Eigenbedarfskündigung vom Immobilienerwerber weiterverfolgt werden?

Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und  Wohnungseigentumsrecht Berlin und Essen, zum Beschluss des Landgerichts Itzehoe (LG Itzehoe, Beschluss vom 20. Dezember 2013 – 9 S 31/13 –, juris).

Voraussetzung für eine Weiterverfolgung ist, dass der Kündigungsgrund in der Person des Erwerbers, also des neuen Vermieters, fortbesteht. Wird zwischenzeitlich versucht zu veräußern, entfällt der Selbstnutzungswunsch. 

Wenn der Vermieter nach Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung das streitgegenständliche Objekt veräußert, tritt der Erwerber kraft Gesetzes in das Mietverhältnis ein. Hatte der Vermieter vor der Veräußerung bereits eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen, wird diese, wenn sie wirksam war, jedenfalls durch Eigentumsübergang unwirksam. Bei dem kündigenden Vermieter liegt ein Nutzungswille regelmäßig nicht mehr vor. Der neue Vermieter kann, soweit die Voraussetzungen bei ihm vorliegen, gegebenenfalls eine neue Eigenbedarfskündigung aussprechen. Anders kann sich allerdings der Fall dann darstellen, wenn der ursprüngliche Nutzungswunsch in seiner ursprünglichen Form auch nach Eigentumsübergang fortbesteht. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der die Eigennutzung anstrebende Vermieter auch nach Veräußerung der Wohnung weiter selbst nutzen will und darf.

Die Ausgangslage:

Im vorliegenden Fall hatte der die Eigenbedarfskündigung aussprechende Vermieter die Kündigung zumindest auch für eine nahe Familienangehörige, nämlich seine Tochter geltend gemacht. Auch die Erwerberin beruft sich darauf, dass das mit dem Veräußerer gemeinsame Kind in der Wohnung weiter wohnen soll.

Die aktuelle Entscheidung des Landgerichts Itzehoe:

Das Landgericht gab der Vermieterin Recht. Es liegt insofern kein neuer Kündigungsgrund vor, welchen der Vermieter nur unter den Voraussetzungen des § 573 Abs. 3 Satz 2 BGB nachschieben dürfte; vielmehr besteht der bisherige Kündigungsgrund in der Person der neuen Vermieterin, nämlich der Klägerin fort. Damit ist dem gebotenen Schutz des vertragstreuen Wohnraummieters vor willkürlichen Kündigungen (vgl. BT-Drs. 7/2011, S. 7; BGH, Urt. v. 16.01.2008 – VIII ZR 254/06, WuM 2008, 233, 234) hinreichend Rechnung getragen. Dass die Person des Vermieters nach Ausspruch der Kündigung identisch bleibt, ist nicht erforderlich (OLG Hamm, Rechtsentscheid v. 21.07.1992 – 30 REMiet 1/92 = NJW-RR 1992, 1164, 1165; LG Karlsruhe, Urt. v. 06.04.1990, WuM 1990, 353; im Schrifttum: Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 11. Aufl. 2013 Rn. 119; Gsell, WuM 2012, 411, 412 f.).

Abzugrenzen sei diese Fallgestaltung auch von den Fällen, wo der im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs bestehende Nutzungs- bzw. Überlassungswille des Vermieters zwischenzeitlich wegfällt und später wieder neu auftritt. Insbesondere wenn der Vermieter zunächst einen Selbstnutzungswunsch habe, dann verkaufen möchte und sich später wieder darauf beruft, nunmehr doch nicht zu verkaufen, sondern wieder selbst nutzen zu wollen, liege eine Zäsur vor. In solchen Fällen muss dann neu gekündigt werden.

Fachanwaltstipp Mieter:

Wenn Sie nach Erhalt einer Eigenbedarfskündigung erfahren, dass der Vermieter die Wohnung zum Verkauf anbieten, haben Sie schon fast gewonnen. Sammeln Sie diese Informationen und den Nachweis und gehen Sie gelassen in den Räumungsprozess. Sie können dann vortragen und beweisen, dass der ursprünglich möglicherweise vorhandene Selbstnutzungswunsch nunmehr nachweislich entfallen ist. Der Vermieter wird dann vermutlich behaupten, dass er nun doch nicht verkaufen wolle, sondern wieder selbst nutzen wolle. Sie können dann auf die Zäsur und die Erforderlichkeit einer neuen Eigenbedarfskündigung verweisen und werden diesen Räumungsprozess zumindest gewinnen.